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1. Anfrage an die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit

Anfrage an die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
Berlin, 15. Juni 2016


 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich wende mich heute an Sie, um mich über die Datenverarbeitungspraxis des Berliner Programms „Vertiefte Berufsorientierung für Schülerinnen und Schüler (BvBO)“, das durch die beauftragte SPI Consult GmbH koordiniert und von unterschiedlichsten Berliner Bildungsträgern durchgeführt wird, zu informieren. BvBo ist eine gemeinsame Initiative der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen sowie der Arbeitsagenturen vorgestellt.

Ich bin Vater eines Schülers der 7. Klassenstufe (…). Ich würde gern erfahren, wie ich der bereits erfolgten Datenerfassung widersprechen und die Löschung von Daten erwirken kann. Ferner möchte ich Sie über die gängige Praxis und der Zusammenarbeit zwischen Schule, Bildungsträger und den Arbeitsagenturen informieren.

Um an der Maßnahme oder den Modulen des Programms teilnehmen zu können, mussten die Eltern und auch der minderjährige Schüler die „Anmeldung zur Teilnahme an einer Maßnahme der vertieften Berufsorientierung nach § 48 SGB III bzw. der erweiterten Berufsorientierung nach § 48 i . V. m. § 130 SGB III und Erklärung zur Übermittlung von persönlichen Daten an die Agentur für Arbeit“ unterschreiben.

Dort heißt es:

„Mir ist bekannt, dass ich damit Leistungen der BA in Anspruch nehme und dass im Rahmen der Maßnahmeabwicklung meine oben genannten personenbezogenen Daten vom Träger an die Agentur für Arbeit zu Abrechnungszwecken weitergegeben werden. Eine andere Nutzung findet nicht statt.

Weiterhin wurde ich darüber informiert, dass der Maßnahmeträger meine Sozialdaten nur für vorgenannten Zweck an die zuständige Agentur für Arbeit übermitteln darf und dabei die Bestimmungen zum Schutz der Sozialdaten beachtet. Zwei Jahre nach Beendigung der bezeichneten Maßnahme sind die Sozialdaten vom Bildungsträger oder der benannten Person zu vernichten.“ (zit.: Anmeldung zur Teilnahme)

Mir ist bekannt geworden, dass diese Zusicherung bezüglich der schutzbedürftigen anzugebenden Daten, die Nutzung und die Verweildauer der personenbezogenen Daten nicht der gängigen Praxis entspricht. Vielmehr werden diese Daten auch dafür genutzt, um den Schüler*innen eine Kompetenzfeststellung zu attestieren. Im Modul II des Programms, das auch auf alle anderen Module angewendet werden kann, heißt es:

„Grundsätzliches Ziel der Kompetenzfeststellung nach diesem Modul ist die vertiefte Eignungsfeststellung der Schülerinnen und Schüler durch Einsatz von Kompetenzfeststellungsverfahren.
(…) Die Kompetenzfeststellung umfasst sowohl theoretische als auch praktische Einheiten, die unter Beobachtung ausgeführt werden. Im Anschluss erfolgt ein Auswertungsgespräch. Die Ergebnisse der Kompetenzfeststellung sind dokumentiert und so abrufbar, dass sie den Prozess der Berufsorientierung unterstützen. (s. BvBO – Modulbeschreibungen – Kompetenzfeststellung).“

Mir zu Kenntnis gegeben worden, dass die Bildungsträger, die Schulen und auch die Agentur für Arbeit (Berufseinstiegsbegleitung) miteinander kooperieren. Für die BvBO-Praxis bedeutet dies z.B., dass die Bildungsträger bereits vor dem Ausfüllen des Anmeldeformulars von den Schulen fertige Klassenlisten, der voraussichtlich teilnehmenden Schüler*innen erhalten, um u.a. eine gewisse Planungssicherheit zu gewährleisten. Diese Listen enthalten u.a. noch weitere Sozialdaten, die nicht durch das ursprüngliche Anmeldeformular abgefragt werden (wie z.B. Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund).

Ich halte diese Zusammenführung von Daten als auch die Verwendung der Erkenntnisse für die betroffenen Personengruppen (Schüler*innen) für äußerst problematisch. Vor dem Hintergrund, dass hier auch sehr unterschiedliche Interessen aufeinander prallen (privatwirtschaftlich, staatlich und persönlich), halte ich die gesamte praktische Umsetzung und intransparente Vorgehensweise für sehr problematisch.

Ich würde gern von Ihnen erfahren, wie wir es als Eltern erreichen können, zu erfahren, welche Daten unseres Kindes erfasst, verwendet und ausgewertet wurden und wie wir es erreichen können, dass diese personenbezogenen Daten und Auswertungen gelöscht werden.

Ferner würde ich gerne wissen, wie der datenschutzrechtlich konforme Datenverkehr, der vermutlich zu einem beträchtlichen Teil unverschlüsselt und digital erfolgt (per E-Mail), zwischen Schule, Bildungsträgern und den Arbeitsagenturen durch die Akteure (SPI Consult, Bildungsträger, Schulen und Senatsverwaltung) gewährleistet wird oder gewährleistet werden kann.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung und freundliche Grüße sendet Ihnen

N. N.


Antwort der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
Berlin, 22. Juni 2016

BVBO Datenschutzbeauftragter