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Auftragnehmer (englisch contractor) ist ein Wirtschaftssubjekt, das im Rahmen eines Auftrags für den Auftraggeber die Besorgung eines Geschäfts übernimmt.

Allgemeines

Wirtschaftssubjekte, die als Auftragnehmer in Frage kommen, sind insbesondere Unternehmen, Freiberufler und der Staat mit seinen Untergliederungen (öffentliche Verwaltung, öffentliche Unternehmen, Kommunalunternehmen). Auftragnehmer kann bei einem Auftrag nicht nur ein einzelnes Wirtschaftssubjekt sein, sondern auch mehrere (Konsortium, Arbeitsgemeinschaft). Selten fungieren Privathaushalte als Auftragnehmer.

Die Umgangssprache verwendet den Begriff des Auftragnehmers umfassender als die Rechtswissenschaft. Als Auftragnehmer kommen umgangssprachlich auch die Verkäufer beim Kaufvertrag („Bestellung“), die Makler, Architekten oder Kommissionäre in Betracht.[1] Auch Bauunternehmen gelten als Auftragnehmer. Der Auftragnehmer grenzt sich vom Verkäufer dadurch ab, dass der Auftragnehmer erst in den Wochen oder sogar Monaten nach einer Bestellung die Leistung erbringen kann. Grund hierfür ist, dass die Leistung nicht lagerfähig ist (Gebäude), sehr individuelle (auftragsbezogene) Merkmale (Kunstwerk) oder ein zu hohes Lagerrisiko aufweist (industrielle Großanlagen). Der Verkäufer liefert hingegen Zug um Zug gegen Zahlung durch den Käufer. Deshalb liegt bei Auftragsverhältnissen auch nicht Kaufrecht, sondern Werkvertrags-, Werklieferungsvertrags- oder Dienstvertragsrecht zugrunde.

Grundlage ist der vom Auftraggeber erteilte Auftrag. Für den Auftrag ist ein Tätigwerden des Auftragnehmers im Interesse des Auftraggebers wesentlich. Deshalb hat sich der Auftragnehmer bei der Auftragsausführung strikt an die auftragsbezogenen Weisungen des Auftraggebers zu halten.

Rechtsfragen

Das deutsche Auftragsrecht ist in den §§ 662 bis 674 BGB geregelt. Der Auftragnehmer wird dort „Beauftragter“ genannt. Dieser verpflichtet sich nach § 662 BGB durch die Annahme des Auftrags, das ihm vom Auftraggeber übertragene Geschäft unentgeltlich zu besorgen, wobei er die Ausführung im Regelfall nicht an Dritte übertragen darf (§ 664 BGB). Der Auftragnehmer ist zur Auskunft und Rechenschaft verpflichtet (§ 666 BGB), der Auftraggeber muss auf Verlangen Vorschuss für entstehende Aufwendungen des Auftragnehmers leisten (§ 669 BGB), darüber hinaus hat er dem Auftragnehmer dessen entstandene Aufwendungen zu ersetzen (§ 670 BGB). Unentgeltlich ist hier allerdings keine bloße einseitige Gefälligkeit des Auftragnehmers, denn es kommt ein echter Verpflichtungsvertrag nach § 311 Abs. 1 BGB zustande.[2] Der Auftraggeber ist in zumutbaren Maß verpflichtet, die Interessen des Auftragnehmers wahrzunehmen in ihn vor vermeidbaren Schaden zu bewahren.[3] Ist die Übertragung des Auftrags vom Auftragnehmer an Dritte gestattet, so kann dies insbesondere nach § 664 Abs. 1 Satz und 2 BGB erfolgen, wonach der Dritte den Auftrag ganz oder teilweise in eigener Verantwortung übernimmt.[4] Der Beauftragte hat bei der Auftragsausführung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt walten zu lassen.[5]

Sobald der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Vergütung verspricht, handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag§ 611a, § 675 Abs. 1 oder § 631 BGB).[6] Das eigentlich unentgeltliche Auftragsrecht kann dabei analog auf entgeltliche Aufträge angewandt werden (für den Geschäftsbesorgungsvertrag kraft Verweis in § 675 Abs. 1 BGB). Im Werkvertragsrecht heißt der Auftragnehmer „Unternehmer“. Ähnlich wie im Kaufrecht – wo gemäß § 363 BGB der Verkäufer bis zur Übergabe die Beweislast für die Mängelfreiheit der Kaufsache trägt – übernimmt im Werkvertragsrecht der Unternehmer bis zur Abnahme (§ 640 BGB) die Beweislast für die Mängelfreiheit.[7] Der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers wird nach § 641 Abs. 1 BGB erst fällig, wenn das Werk vom Auftraggeber abgenommen ist. Abnahme ist die Entgegennahme der vom Auftragnehmer erbrachten Leistung durch Besitzübertragung und mit der Erklärung verbunden, dass der Auftraggeber die Leistung als vertragsgemäß anerkennt.[8] Die ähnlich einzustufende Bauabnahme ist in den Landesbauordnungen geregelt.

Die für Bauleistungen geltende VOB/B verwendet zwar den Begriff des Auftragnehmers, bietet jedoch keine Legaldefinition an. Gemäß § 4 Abs. 2 VOB/B hat der Auftragnehmer die Leistung unter eigener Verantwortung nach dem Bauvertrag auszuführen und dabei die anerkannten Regeln der Technik (lateinisch Lege artis) und die gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen zu beachten. Nach § 9 Abs. 1 VOB/B kann der Auftragnehmer den Vertrag kündigen, wenn sein Auftraggeber in Annahmeverzug oder in Schuldnerverzug gerät.

Auftragseingang

Der gewerbliche Auftragnehmer registriert eingehende Aufträge als Auftragseingang, eine sowohl betriebswirtschaftliche (für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines einzelnen Unternehmens) als auch volkswirtschaftliche Kennzahl (für die Beurteilung der künftigen Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts).

International

In Österreich ist der Beauftragte nach § 1009 ABGB verpflichtet, das Geschäft auftragsgemäß zu besorgen. Erfüllt der Auftragnehmer seine vertraglichen Pflichten nicht, steht dem Auftraggeber nach § 1052 ABGB das Recht zu, seine Gegenleistung zu verweigern. Der Tod des Auftraggebers oder Beauftragten beendet im Regelfall den Auftrag (§ 1022 ABGB). Das Recht des Auftraggebers ist in der Schweiz ähnlich wie in Deutschland geregelt (Art. 394 ff. OR), allerdings auch entgeltlich und auch Arbeitsverträge umfassend. Wer obrigkeitlich als Beauftragter bestellt wird (etwa als Pflichtverteidiger), Aufträge gewerbsmäßig entgegennimmt (z. B. Ärzte, Architekten, Rechtsanwälte, Kreditinstitute, Treuhänder) oder sich zur Besorgung von Aufträgen öffentlich empfohlen hat, ist zur sofortigen ausdrücklichen Ablehnung eines ihm erteilten Auftrages gehalten, ansonsten gilt der Vertrag als stillschweigend geschlossen. Das ändert nichts daran, dass der Auftrag jederzeit frei widerruflich bleibt (Art. 404 OR).

Einzelnachweise

  1. Otto Palandt/Hartwig Sprau, BGB-Kommentar, 73. Auflage, 2014, Einführung vor § 662, Rn. 2
  2. Kurt Schellhammer, Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen: samt BGB Allgemeiner Teil, 2014, S. 354
  3. BGHZ 16, 265, 267
  4. BGB-RGRK, Das Bürgerliche Gesetzbuch, Band 2/Teil 4, 1978, § 664 Rn. 2
  5. BGHZ 30, 40, 46
  6. Kurt Schellhammer, Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen: samt BGB Allgemeiner Teil, 2014, S. 355
  7. BGH, Urteil vom 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07
  8. Hans-Joachim Tiete, Rechtslexikon für Handwerksbetriebe, 1983, S. 9