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Bildungsforschung wird vom Deutschen Bildungsrat als „Untersuchung der Voraussetzungen und Möglichkeiten von Bildungs- und Erziehungsprozessen im institutionellen und gesellschaftlichen Kontext“ definiert.[1] Die Bildungsforschung erarbeitet analytische Befunde, die in die bildungspolitischen Diskussionen einfließen und die vor allem der Weiterentwicklung der Schul- und Unterrichtspraxis dienen.[2]

Inhalte der Bildungsforschung

Bildungsforschung fragt systematisch nach den Bedingungen, unter denen Bildung entsteht, überhaupt entstehen kann und entstehen soll. Systematische Bildungsforschung führt qualitative und quantitative Forschungsergebnisse zusammen und bietet einen Orientierungsrahmen für bildungspolitische und schulpraktische Entscheidungen.

Den Begriff der „Bildung“ verbinden viele mit dem deutschen Traditionsrahmen und Wortschatz. „Bildung“ wird im deutschsprachigen Raum mit einer besonderen Bedeutung benutzt und muss daher im Kontext der deutschen Bildungsgeschichte betrachtet werden. Aus dieser Perspektive ist er beispielsweise nicht mit englischen oder französischen "education" gleichzusetzen.

Kritiker wenden gegen die Definition des Bildungsrats ein, dass sie auf „die rationale Organisation und Planung ausgerichtet“ ist.[3] Tatsächlich finden bildungstheoretische Überlegungen in dieser Definition keinen Raum, obwohl sie dem Bereich der Bildungsforschung zugehören.

Lassnigg/Pechar (1996) gestehen der Bildungsforschung ein weiteres Spektrum als der Deutsche Bildungsrat zu, übernehmen jedoch dessen „rationale“ Perspektive. Für sie sind folgende zwei Elemente zentral:

  • "(1) Bildungsforschung überschreitet den Rahmen der disziplinorientierten pädagogischen Forschung und hat multi- oder interdisziplinären Charakter;
  • (2) Bildungsforschung geht über den deskriptiv-erklärenden Anspruch hinaus und hat auch normativen, anwendungs- bzw. problemorientierten Charakter. Diesem Verständnis von Bildungsforschung liegt die Idee zugrunde, dass das Forschungsfeld der Pädagogik und Erziehungswissenschaft zu eng ist, um eine ausreichende Grundlage für die rationale Diskussion von Gestaltungs- und Entwicklungsproblemen des Bildungswesens abzugeben." (Lassnigg/Pechar, 1996)

Das Inhaltsverzeichnis des Handbuchs „Bildungsforschung“ (Rudolf Tippelt)[4] zeigt, dass sie sich nicht auf das institutionalisierte Bildungswesen, wie Schule, Berufsbildung oder Hochschule, beschränkt, sondern viele Aspekte nicht-institutionalisierter Bildungsprozesse enthält: beispielsweise das "lebenslange Lernen" oder die Selbstbildung von Kindern.

Interdisziplinarität

Übereinstimmend wird festgestellt, dass „Bildungsforschung“ einen interdisziplinären Blick auf Bildungsthemen hat.[5]

Neben Pädagogik und Psychologie spielt Bildungsforschung auch in Soziologie, Volks- und Betriebswirtschaft sowie Geschichtswissenschaft und Philosophie eine Rolle und kann aus der jeweils spezifischen Perspektive der genannten Disziplinen betrachtet werden.[6] Darüber hinaus sind Inhalte aus der Bildungsforschung in weiteren Wissenschaften – wie z. B. der Politikwissenschaft, der Bildungsgeographie oder der Bildungssoziologie relevant.

Zunehmend kritisch wird die wachsende Dominanz einer empirischen Bildungsforschung gesehen, die ihren Anspruch einer „Evidenzbasierung“ von Praxis allein auf Großstudien mit standardisierten Instrumenten bzw. experimentelle Kontrollgruppendesigns stützt.[7]

Einrichtungen für Bildungsforschung

Quelle

Siehe auch

Literatur

  • J. Bellmann, T. Müller (Hrsg.): Wissen, was wirkt. Kritik evidenzbasierter Pädagogik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2011.
  • H. Brügelmann: Vermessene Schulen – standardisierte Schüler. Zu Risiken und Nebenwirkungen von PISA, Hattie, VerA & Co. Beltz, Weinheim/ Basel 2015.
  • K.-H. Dammer: Vermessene Bildungsforschung. Wissenschaftsgeschichtliche Hintergründe zu einem neoliberalen Herrschaftsinstrument. Schneider Hohengehren, Baltmannsweiler 2015.
  • Deutscher Bildungsrat: Empfehlungen der Bildungskommission. Zur Neuordnung der Sekundarstufe II. 38. Sitzung der Bildungskommission, 13./14. Februar 1974 in Bonn. Stuttgart 1974.
  • Lorenz Lassnigg, Hans Pechar: Abstract: Bildungsforschung. CD-ROM der Pädagogik. Schneider, Hohengehren 1996. Abstract: Bildungsforschung (Memento vom 16. Juli 2007 im Internet Archive) (Stand 1. Oktober 2004)
  • Kerstin Lück: Evaluationsmethoden der Bildungsforschung. LISUM, Ludwigsfelde 2006.
  • H. Reinders, H. Ditton, C. Gräsel, B. Gniewosz: Lehrbuch Empirische Bildungsforschung. 2 Bände. VS Verlag, Wiesbaden 2011.
  • Paul Röhrig: Der bildungstheoretische Ansatz in der Erwachsenenbildung. In: Rudolf Tippelt (Hrsg.): Handbuch Erwachsenenbildung, Weiterbildung. Leske + Budrich, Opladen 1999, S. 193–209.
  • Sandra Schaffert, Bernhard Schmidt: Inhalt und Konzeption der "bildungsforschung". bildungsforschung, 2004. (bildungsforschung.org (Memento vom 24. Januar 2005 im Internet Archive))
  • Rudolf Tippelt: Einleitung des Herausgebers. In: ders. (Hrsg.): Handbuch Bildungsforschung. Leske + Budrich, Opladen 2002, S. 9–20. (2. Auflage ebenda 2009, ISBN 978-3-531-15481-7)
  • Heiner Rindermann: Bildungsforschung. (uni-magdeburg.de (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive) PDF, 2003. Stand 1. Oktober 2004)
  • Elise Weber: Migrationshintergrund von Lehrern: Ressource oder Hindernis? : eine bildungsgeographische Studie. Dissertation. Universität Freiburg, 2014. (freidok.uni-freiburg.de)

Weblinks

  • bildungsforschung. Interdisziplinäre Online-Zeitschrift der Bildungsforschung http://bildungsforschung.org/
  • Bildungsforschung
  • Forschungsinstrumente des DIPF für die empirische Bildungsforschung im Bereich des computerbasierten Testens.
  • Forschungsdaten Bildung Das Portal bietet qualitativ und quantitativ Forschenden Informationen zu Studien und Projekten der Bildungsforschung, Zugang zu Daten und Instrumenten für eigene empirische Forschungsvorhaben, Informationen zum Datenmanagement (Dokumentieren, Datenschutz u. a.) sowie eine sichere und nachhaltige Archivierung eigener Forschungsdaten und Forschungsinstrumente.

Einzelbelege

  1. Deutscher Bildungsrat 1974, S. 16.
  2. GEW, 2013, Interview mit Eckhard Klieme, DIPF Archivlink (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive)
  3. vgl. z. B. Röhrig, 1999, S. 208.
  4. Handbuch Bildungsforschung 2009.
  5. Schaffert/ Schmid, 2004.
  6. vgl. Rindermann 2003.
  7. Bellmann/ Müller 2011; Brügelmann 2015, Dammer 2015.