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Kastanienallee
Wappen
Wappen
Straße in Berlin
Kastanienallee
Kastanienallee
An der Ecke Schönhauser Allee, 2024
Basisdaten
Ort Berlin
Ortsteil Prenzlauer Berg
Mitte
Angelegt 1826 (nördlicher Teil)
1856 (südlicher Teil)
Neugestaltet 2012
Anschluss­straßen Pappelallee
Weinbergsweg
Querstraßen Oderberger Straße
Schwedter Straße
Zionskirchstraße
Nutzung
Nutzergruppen Straßenverkehr
Straßenbahn
Technische Daten
Straßenlänge 975 Meter

Die Kastanienallee in Berlin-Prenzlauer Berg und Mitte ist eine Shopping- und Szene­meile.[1] 1826 vom Unternehmer Wilhelm Griebenow angelegt, war sie der Beginn der systematischen Bebauung von Prenzlauer Berg. Entlang der Straße stehen überwiegend Häuser aus der Gründerzeit, an ihrem nördlichen Ende befindet sich Berlins ältester Biergarten, der Prater.

Straßenverlauf

Zwei Kilometer nördlich des Alexanderplatzes beginnt die Kastanienallee als Verlängerung der Pappelallee an der Kreuzung mit der Schönhauser Allee. Sie läuft stadteinwärts in gerader Linie Richtung Süd-Südwest auf den Rosenthaler Platz zu. Knapp einen Kilometer lang, geht sie an der Kreuzung mit der Fehrbelliner Straße in den Weinbergsweg über. Die kreuzende Schwedter Straße markiert eine Ortsteilgrenze, der längere nördliche Teil der Kastanienallee gehört zu Prenzlauer Berg, der kleinere, südliche Teil zum Ortsteil Mitte. Die Hausnummerierung verläuft in Hufeisenform, beginnend an der Schönhauser Allee.

Verkehr

Straßenbahn

1886 wurden in der Kastanienallee Schienen verlegt. Die erste Linie war die Nummer 51 der Großen Berliner Pferde-Eisenbahn mit direkter Verbindung zum Potsdamer Platz.[2] Ab Oktober 1900 elektrifiziert, gab es bis 1975 am nördlichen Ende der Kastanienallee eine Wendeschleife zur Schönhauser Allee, zuletzt benutzt von der Linie 22. 2024 verkehrten in der Kastanienallee die Straßenbahnlinien 12 und M10 mit Verbindung zum Bahnhof Friedrichstraße.

Fahrbahn und Gehwege

Haltestelle Zionskirchplatz, 2022

Auf dem Prenzlauer Berger Teil der Kastanienallee ließ die Bezirksverwaltung 2014 Fahrbahn und Gehwege erneuern. Angelegt wurden zwei neue Fahrradstreifen und Haltestellenkaps für die Straßenbahn.[3] Die Fahrbahn wurde verbreitert und anstelle der Parkstreifen neue Parkbuchten in den Gehwegen angelegt. Eine Bürgerinitiative gegen den Umbau war an mangelnder Unterstützung aus der Bevölkerung gescheitert.[4] 2016 wurde zwischen Schönhauser Allee und Oderberger Straße Tempo 30 eingeführt.

Die Kastanienallee ist – abgesehen von wenigen Ahorn- und Lindenbäumen – ausschließlich mit Kastanien (Aesculus hippocastanum) bepflanzt. Im Ortsteil Mitte ist der Baumbestand älter (meist 1980–1985) und teils nur auf einer Straßenseite vorhanden, nördlich der Schwedter Straße wurden fast alle Kastanien zwischen 1994 und 2004 neu angepflanzt.[5]

Geschichte

Frühes 19. Jahrhundert: Auf dem Acker tractus

Die Kastanienallee verläuft parallel zu den Grenzen des ehemaligen Acker tractus. 1780 wurde dieser langgestreckte Acker des Vorwerks Niederschönhausen separiert, seine Fläche zog sich in einem langen Streifen von der heutigen Fehrbelliner Straße nordostwärts bis hinter die Wisbyer Straße.[6] 1823 erwarb der Kolonisator und Immobilienspekulant Wilhelm Griebenow das Vorwerk. Parallel zur Ostgrenze des alten Acker tractus verlaufend legte Griebenow 1826 zwei Erschließungsstraßen an und benannte sie nach den angepflanzten Bäumen Pappelallee und Kastanienallee.[7] Die beiden Straßen gelten heute als der Beginn der systematischen Bebauung in Prenzlauer Berg.[8][9]

Die von Griebenow angelegte Kastanienallee reichte 1826 von der Landstraße Chaussee nach Pankow stadteinwärts bis zum Feldweg Verlorener Weg (heute Schönhauser Allee bis Schwedter Straße).[10] Als eines der ersten Gebäude in der Gegend errichtete Griebenows Vorwerk um 1825 eine Ziegelei nahe dem südlichen Straßenende.[11][12] 1829 wurde das Gebiet nach Berlin eingemeindet.

Nach der nur sehr langsam einsetzenden Bebauung durch Kolonisten wurde die Kastanienallee 30 Jahre später, Mitte der 1850er Jahre, bis etwa Höhe Fehrbelliner Straße stadteinwärts verlängert.[13] Am dortigen Südende wurde ab 1862 der Weinbergsweg ausgebaut und an die Kastanienallee angeschlossen. Mit dieser Durchlegung entstand der Straßenzug Kastanienallee/Weinbergsweg, die Häuser der Kastanienallee wurden 1866 in die heutige Form umnummeriert.[14][15]

Karte, 1827 – Kastanienallee im Kladderadatsch, 1858

Mit dem immer schneller fortschreitenden Stadtwachstum wurde 1861 der bestehende Verlauf der Kastanienallee in die Bebauungspläne von James Hobrecht übernommen und ihre lichte Weite auf sieben Ruthen (26,4 Meter) festgelegt.[16] Ein im Plan vorgesehener Stadtplatz zwischen Kastanienallee und heutiger Choriner Straße wurde nach Widersprüchen Griebenows und weitere Anlieger nicht realisiert.[17][18]

Noch 1860 war die Kastanienallee ein Kiesweg,[19] der sich in solch schlechtem Zustand befand, dass über Jahre hinweg Klagen bei der Stadtverwaltung eingingen.[20] Die Bezirks-Vorsteher attestierten 1862 „schreiende Uebelstände“[21] wegen fehlender Entwässerung, bei Regenwetter war die Straße „für Fuhrwerk nur schwer, für Fußgänger aber gar nicht zu passieren.“[22] Erst 1863 genehmigte der Berliner Magistrat Gelder für die Pflasterung der Straße.[23]

1837: Bierausschank auf der grünen Wiese

Prater-Garten, 2013

Als einer der frühen Anlieger erwarb 1832[24] der Maler, Viktualienhändler und invalide Unteroffizier C. F. Porath ein Grundstück an der Pankower Chaussee, spätere Adresse: Pankower Chaussee / Kastanienallee 6.[25] Er soll dort bereits ab 1837 einen Bierausschank betrieben haben,[26] registriert als Schankwirth war Porath ab 1843.[27] Knapp zehn Jahre später übernahm Johann Kalbo das Anwesen und baute es zu einer großen Vergnügungsstätte aus, dem heutigen Berliner Prater.

Gegenüber dem Prater gelegen übernahm 1851 der Cafetier Carl Puhlmann ein Gartenlokal auf dem Grundstück zwischen Kastanienallee und der Schönhauser Allee 148. Puhlmann sowie Kalbo errichteten in den folgenden Jahren je eine große Freiluftbühne mit drei- und fünftausend Plätzen.[28] Das Puhlmann-Theater wurde in den folgenden Jahrzehnten mehrfach um- und ausgebaut und blieb fast durchgehend in Familienbesitz bis zum Abriss 1963. Nachdem das Land Berlin als Eigentümer das Gelände 2011 an einen privaten Investor verkaufte, wurde es 2016 mit einem großen Wohn- und Bürokomplex bebaut.

Wenige Schritte südlich von Puhlmann befand sich von Mitte der 1840er bis in die 1890er Jahre die Baumschule Lorberg. Ihre Rosen- und Obstbaumplantagen erstreckten sich zu beiden Seiten der Kastanienallee entlang der späteren Oderberger Straße.

Bebauung ab den 1850er Jahren

Kastanienallee 77-76-75, 2024 – Hotel Kastanienhof, 2022

Zu den ältesten erhaltenen Gebäuden zählen der von Johann Kalbo 1856 erbaute straßenseitige Bau des Praters[29] sowie das Schlennert’sche Haus des Poliers J. L. Schlennert in der heutigen Kastanienallee 77, erbaut um 1850.[30]

Seit 1858 steht auf einem Hofgrundstück zur Schwedter Straße das Kurtz’sche Haus.[31] 1865 als Mietshaus zur Kastanienallee ausgebaut, war es nach dem Zweiten Weltkrieg Standort der Sowjetischen Kommandantur und wird seit 1992 als Hotel genutzt.[32]

Im heutigen Straßenbild der Kastanienallee stammt ein Großteil der Mietshäuser aus den späten 1870ern und 1880er Jahren, gekennzeichnet durch Souterrain, hohe Toreinfahrten, Fassaden geringer Plastizität sowie einem Drempel oder Attikageschoss.[33] Nach Norden hin wurden zunehmend Häuser zwischen 1880 und 1910 errichtet, sie haben stärker plastische Fassaden mit Erkern, Balkonen sowie Erdgeschosse mit Ladenschaufenstern. Insgesamt 38 Gebäude standen 2024 unter Denkmalschutz.[34]

Ab 1858: Schulhof in der Kastanienallee 81–83

1857 genehmigte der Magistrat „die Errichtung einer neuen Communal-Schule vor dem Schönhauser Thore vorläufig mit 4 Klassen in einem hierzu in der Kastanien-Allee gemietheten Locale.“[35] Im darauffolgenden Jahr[36] wurde sie als erste Schule nördlich des Schönhauser Tores eröffnet und bekam 1864 in der späteren Kastanienallee 82 einen eigenen Schulbau,[37] einen dreigeschossigen Ziegel-Rohbau mit 14 Klassenzimmern nebst Lehrerwohnung.[38]

Vor der Kastanienallee 82, 1987

1896 wurde im Hof Nummer 81 ein Ergänzungsbau errichtet (171. Gemeindeschule) und gegenüberliegend 1902 die große 200./214. Doppel-Gemeindeschule mit Eingang an der Oderberger Straße. 1914 folgte die 10. Hilfsschule auf dem Hof der Kastanienallee 83.[39] Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden einige der beschädigten Gebäude abgerissen und an der Straßenfront Kastanienallee 82 wurde 1956–1958 die 3. Hilfsschule errichtet, ab 1999 hatte sie den Namen Gustav-Eiffel-Schule.[40] 2005 zog Barbara Jaeschke mit ihrer 1983 als Göttingen Language School gegründeten Sprachenschule in die Gebäude. Mehrfach ausgebaut, erstreckte sich der GLS-Campus 2024 über die Höfe bis zum ehemaligen Stadtbad Oderberger Straße.

1881: Luxuspapier von Kutzner & Berger

Kastanienallee 71, 2024

In der Kastanienallee 71 baute Hans Boesche 1881 für seine Luxuspapierfabrik und chromolithographische Kunstanstalt Kutzner & Berger ein Fabrik- und Verwaltungsgebäude, in dem der Betrieb bis 1906 ansässig war.[41] 1925 erwarb die evangelische Freikirche Heilsarmee das Gebäude und baute es zu einem Männerhospitz (Obdachlosenheim) um. Während des Zweiten Weltkriegs waren dort 200 der Zwangsarbeit unterworfene Frauen und Männer untergebracht. In der DDR enteignet, bekam die Heilsarmee 1994 das Gebäude rückübertragen und das Haus war kurzzeitig von obdachlosen Jugendlichen besetzt. Nach gescheiterten Sanierungsplänen verkaufte die Heilsarmee 1997 große Teile des Komplexes, 2024 wurden die denkmalgeschützten Gebäude vornehmlich von Büros und Wohn-Lofts genutzt.[42]

1892: Die Filmpioniere Skladanowsky

Auf dem Dach des Eckhauses Kastanienallee 103 / Schönhauser Allee 146 fertigte der Filmpionier Max Skladanowsky 1892 mit einem selbstgebauten Kino-Aufnahme Apparat Reihenaufnahmen seines Bruders Emil an.[43] Die Aufnahme war Vorläuferin des ersten Bioskop­-Films von 1895, uraufgeführt im Pankower Lokal Feldschlößchen. Zu Ehren der Skladanowskys wurde 1995 ein Mosakikstreifen im Pflaster der Kastanienallee verlegt.[44]

Leistenfabrik Rosenfeld – Tanzhaus DOCK 11

1895 gründete Arnold Rosenfeld in der Kastanienallee 79 eine Antik- und Eichenleistenfabrik, die unter anderem Bilderrahmen herstellte. Rosenfelds Sohn und Erbe war der sozialistische Politiker und berühmte Anwalt Kurt Rosenfeld, der nach der Machtergreifung von den Nationalsozialisten verfolgt wurde. 1933 wurde die Kastanienallee 79 von der Gestapo beschlagnahmt.[45] In den Räumen der alten Leistenfabrik gründeten zwei Hamburgerinnen 1994 das Tanzhaus DOCK 11.[46]

1899–1948: Schokoladenfabrik G. Cyliax

Schokoladenfabrik Cyliax, Kastanienallee 31, 1930er Jahre

1899 verlegte Gustav Cyliax seine Electrische Chocoladen-, Honigkuchen- und Marzipanfabrik aus Berlin-Kreuzberg in die Schwedter Straße 35a[47] und baute den Betrieb weiter aus, so dass er 1904 über die Hinterhöfe bis an die Kastanienallee 31 reichte.[48] Cyliax hatte 1902 rund einhundert Angestellte, und er eröffnete zahlreiche Verkaufsläden, Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Berlin 87 Cyliax-Filialen. Nach seinem Tod 1939 produzierte der Betrieb während des Zweiten Weltkriegs für die Wehrmacht und wurde 1948 in der DDR verstaatlicht. Cyliax’ Nachfolger zogen nach Berlin-Tiergarten, ihr Schokoladengeschäft ging 1973 in die Firma Etzler über.[49] In der alten Hinterhof-Fabrik betrieb der VEB Kombinat Robotron ein Computer Service-Center,[50] 2009 wurde ein Gebäudeteil zu Wohn-Lofts umgebaut.[51]

1901–1982: Judenmission in der Messiaskapelle

Im Hof der Kastanienallee 22 errichtete die landeskirchliche Gesellschaft zur Beförderung des Christentums unter den Juden 1901 eine Kapelle mit knapp 100 Plätzen, die sich im Nationalsozialismus zum zentralen Berliner Ort der Judenmission entwickelte. Bis 1941 wurden dort mehr als 700 Menschen jüdischer Herkunft getauft, dennoch wurden 84 von ihnen deportiert und in Konzentrationslagern ermordet.[52] 1941–1945 von den Nazis geschlossen, wurde die Messiaskapelle 1982 in der DDR entweiht. Die St. Elisabeth Stiftung als Eigentümerin verkaufte das Gebäude 2008,[53] der Komplex steht heute unter Denkmalschutz.[54]

Zweiter Weltkrieg: Zwangsarbeit und Zerstörung

Gebäudeschäden 1945

In einem Gebäude in der Kastanienallee im Ortsteil Mitte unterhielten die Nationalsozialisten 1941 ein Außenlager des KZ Sachsenhausen.[55][56] Zur Zwangsarbeit unterworfene Menschen waren außerdem in den Betrieben von Biedermann & Czarnikow (Kastanienallee 12, 59 Personen), Gustav Cyliax (Kastanienallee 31) und Siemens & Halske (Kastanienallee 71, 200 Personen) untergebracht.[57]

Während des Krieges wurde fast die gesamte Eckbebauung an der Kreuzung mit der Schwedter Straße zerstört, ferner ein Hofgebäude Kastanienallee 12 am späteren Hirschhof sowie die Gartenbühne des Praters. Auf dem Schulgelände Kastanienallee 81-83 wurden drei Gebäude beschädigt, die Häuser der früheren 15. und 171. Gemeindeschule wurden später abgerissen.[58] Eine große Mehrzahl der Gebäude in der Kastanienallee überstand den Krieg gering- oder unbeschädigt. Für 15 aus der Kastanienallee deportierte und ermordete Menschen waren 2024 Gedenksteine im Straßenpflaster verlegt.[59]

Die großen Brachflächen Kastanienallee Ecke Schwedter Straße wurden Anfang der 1950er Jahre als Zirkusplatz genutzt[60] und 1955–1957 mit mehreren Wohn- und Geschäftshäusern bebaut.[61]

1982-1990er: Bürgerbewegung auf dem Hirschhof

Hirschhof, 1988

Auf den zusammengelegten Hofgrundstücken der Kastanienallee 10 bis 12 befand sich von 1982 bis in die frühen 1990er Jahre der Hirschhof. Von Anwohnern begrünt und mit einem kleinen Amphitheater bebaut, fanden dort mithilfe des lokalen Wohnbezirksausschuss’ Feste und Konzerte statt, und der Hof entwickelte sich zu einem bedeutenden Treffpunkt einer alternativen DDR-Bürgerbewegung. Anfang der 1990er Jahre verlor er an Bedeutung und wurde um 2000 privatisiert und geschlossen. Eine Widmung der Hoffläche als öffentliches Gartendenkmal scheiterte vor Gericht. Seit 2012 befindet sich direkt westlich angrenzend ein Spielplatz samt Nachbarschaftshaus, genannt Neuer Hirschhof mit Zugang von der Oderberger Straße.

1990–1995: Besetzte Häuser

Kastanienallee 86 (1990)

Kastanienallee 86, 1990

Bis 1879 noch Teil der Baumschule Lorberg wurde auf dem Grundstück 1880 ein Mietshaus errichtet, 1902 rückseitig eng umbaut von einer hohen Brandmauer der Gemeindeschule.[62] In der DDR von der Kommunalen Wohnungsverwaltung entmietet, stand das verfallende Haus leer und wurde im Mai 1990 von ehemaligen Bewohnern der geräumten Mainzer Straße erst besetzt und kurz darauf gemietet. Im Hofgebäude bildete sich ein neuer Stadtort des schwulen Wohnprojekts Tuntenhaus.

Kastanienallee 77 (1992–1994)

Nachdem eine studentische Gruppe der Hochschule der Künste das Haus seit 1992 als Kunstaktion besetzt hielt, erwarb 1994 die Stiftung Umverteilen das Gebäude. Bis 1998 wurde es mit Eigenarbeit der Hausgruppe und öffentlichen Geldern für insgesamt 4,7 Millionen DM saniert und steht seitdem unter Selbstverwaltung.[63][64] Seit 1998 befindet sich im Vorderhaus das Lichtblick-Kino, mit 32 Sitzplätzen eines der kleinsten Programmkinos in Berlin.

Kastanienallee 71 (1994–1995)

Die Heilsarmee bekam ihr altes Obdachlosenwohnheim und ehemaliges Gebäude der Luxuspapierfabrik im Jahr 1994 rückübertragen. Kurz darauf, im Winter 1994–95 besetzte eine Gruppe obdachloser Jugendlicher das Haus und erstritt sich nach mehrfachen Hausräumungen schließlich einen einjährigen Mietvertrag.[65][66] Als ein Ergebnis dieser Hausbesetzung gründete die Bezirksverwaltung eine Krisenunterkunft für Jugendliche in der Schönhauser Allee, die 2024 von der Pfefferwerk gGmbH betrieben wurde.[67]

Seit den 1990er Jahren: Im Ausgehviertel

Kastanienallee, ca. 2003

Zu Beginn der 1990er Jahre waren die gründerzeitlichen Wohnhäuser um die Kastanienallee in einem „schlechten baulichen Zustand“: Etwa die Hälfte der Wohnungen hatten Außentoiletten, jede vierte Wohnung kein Bad und nahezu alle wurden mit Kohleeinzelöfen beheizt.[68] Parallel zur einsetzenden Sanierung der Häuser wurde die Kastanienalle zu einem beliebten Wohn- und Ausgehviertel. 1992 eröffnete die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz eine Spielstätte im Berliner Prater. Zahlreiche Gastronomie siedelte sich an. Mit fortschreitender Gentrifizierung galt die Kastanienallee in den 2000er Jahren als eine der „hippsten Straßen der Stadt“,[69] als „Szeneviertel insbesondere für Künstler und Modemacher“.[68]

„Die Kastanienallee […] ist ein Aushängeschild, ein Symbol für das Nachwendeberlin. Sie ist Flaniermeile, Touristenmagnet und mit ihren Bars und Cafés ein sozialer Treffpunkt für Künstler, Anwohner und Besucher von Prenzlauer Berg.“

Persönlichkeiten

  • Ernst Knaack (1914–1944), Kommunist und Widerstandskämpfer, wohnte in der Kastanienallee 16
  • Peter Woelck (1948–2010), Fotograf, lebte 1982–2010 in seinem Atelier Kastanienallee 36a
  • Harald Hauswald (* 1954), Fotograf, zog 1980 in die Kastanienallee 11[71]
  • Matthias Roeingh (* 1960), Mitbegründer der Loveparade, wohnte von 2007 bis 2013 in der Kastanienallee[72]
  • Terézia Mora (* 1971), Schriftstellerin, wohnte Anfang der 1990er Jahre in der Kastanienallee[73]

Wissenswertes

  • Kastanienallee : Texte und Kommentare ist der Name eines 1987 erschienenen Werkes der Schriftstellerin Elke Erb (1938–2024).
  • Die Kastanienallee hatte seit den frühen 2000er Jahren den Spitznamen Castingallee.[74] 2007 schrieb der Kabarettist Rainald Grebe ein gleichnamiges Lied.
  • In Berlin heißen insgesamt sieben Straßen Kastanienallee.[75]

Weblinks

Commons: Kastanienallee (Berlin) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Presse- und Informationsamt des Landes Berlin: Schönhauser Allee und Kastanienallee. Bei: berlin.de
  2. Berliner Lienienchronik: Straßenbahn Fahrplan 1886. Bei: berliner-linienchronik.de
  3. Pankower Allgemeine Zeitung: Verkehrsfreigabe Kastanienallee am 24.1.2014. Bei: Pankower-allgemeine-zeitung.de
  4. Prenzlauer Berg Nachrichten: Was macht eigentlich… Stoppt K21? Berlin 24. Januar 2014. Bei: prenzlauerberg-nachrichten.de
  5. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen: Geoportal: Karte Baumbestand Berlin. Bei: stadt-berlin.de
  6. Mencelius: Plan der Berliner Hufen von 1822. Königl. Lith. Institut Berlin, 1823. stadtmuseum.de
  7. Wilhelm Griebenow: Wilhelm Griebenow’s Erlebnisse. Von ihm selbst geschrieben. Selbstverlag des Verfassers, Berlin, 1864. S. 170. Bei: zlb.de
  8. Planungsgruppe Werkstadt: Städtebauliches Gutachten für das Gebiet „Teutoburger Platz.“ Herausgegeben vom Bezirksamt Pankow, Berlin 2006. Bei: berlin.de, S. 9. (PDF, 12,3 MB)
  9. Uckermärkischer Geschichtsverein zu Prenzlau: Prenzlauer Stadtlexikon und Geschichte in Daten. Prenzlau 2005. S. 68. uckermaerkischer-geschichtsverein.de
  10. Dannhauer: Plan von der Gegend bei Berlin. Berlin 1827. Quadrant D7: Die Mühlen. (Blatt Nr. 5). stadtmuseum.de
  11. Landesarchiv Berlin: Bauakte Schwedter Straße o. Nr. 1825–1842 (Ziegelei des Vorwerks Niederschönhausen vor dem Schönhauser Tor) A Rep. 010-02 Nr. 5582.
  12. Standort der Ziegelei kartiert u. a. bei: Theobald Grieben und Carl Birck: Plan Von Berlin. Verlag von Th. Grieben, Berlin 1851. zlb.de
    (siehe auch Ziegelei Map: zglmap.de)
  13. C.Birk: Situationsplan der Haupt- und Residenzstadt Berlin. Berlin 1856. (Sineck-Plan) stadtmuseum.de
  14. Communal-Blatt der Haupt- und Residenz-Stadt Berlin: Zusammenstellung der Kostenbeträge der in den 3 letztvergangenen Jahren beschlossenen Straßendurchlegungen. Berlin 1864. S. 142. zlb.de
  15. Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Berlin. Teil II., S. 89. zlb.de
  16. Leopold Kraatz: Bebauungsplan der Umgebungen Berlins. Abtheilung XI. Revidirt im Jahre 1888. Berlin 1888. zlb.de
  17. Planungsgruppe Werkstadt: Städtebauliches Gutachten für das Gebiet „Teutoburger Platz.“ Herausgegeben vom Bezirksamt Pankow, Berlin 2006. S. 9. Bei: berlin.de
  18. Alexander Haeder: Stadtentwicklung und Industrialisierung. Drei Fallstudien zur Stadtbau- und Architekturgeschichte Berlins zwischen 1830 – 1918. Greifswald 2003. S. 99. Dissertation, online unter: uni-greifswald.de
  19. Communal-Blatt der Haupt- und Residenz-Stadt Berlin: Stadtverordneten-Versammlung vom 19. August 1860. S. 74. zlb.de
  20. Communal-Blatt der Haupt- und Residenz-Stadt Berlin: Aus dem Magistrat. Berlin 1861. S. 297–298. zlb.de
  21. Communal-Blatt der Haupt- und Residenz-Stadt Berlin: Dritte Bezirks-Vorsteher-Konferenz pro 1862. Berlin 1862. S. 378. zlb.de
  22. Communal-Blatt der Haupt- und Residenz-Stadt Berlin: Erste Bezirks-Vorsteher-Konferenz pro 1863. Berlin 1863. S. 119. zlb.de
  23. Verwaltungs-Bericht des Magistrats zu Berlin pro 1862 bis 1863. Berlin 1863. S. 13. zlb.de
  24. Allgemeiner Wohnungsanzeiger, Berlin 1833. S. 560. zlb.de
  25. J. W. Boike's allgemeiner Wohnungsanzeiger. Berlin 1842. S. 74. zlb.de
  26. Berliner Prater Garten GmbH: Geschichte, Die Anfänge. Bei: prater-biergarten.de
  27. Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Berlin, Charlottenburg und Umgebungen: Berlin 1844. S. 355. zlb.de
  28. Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger: Neuer Theater Almanach. Berlin 1892. S. 193–194. archive.org
  29. Landesdenkmalamt Berlin: Berliner Prater. Eintrag 09065178 in der Berliner Landesdenkmalliste
  30. Schlennert war seit 1849 als Eigentümer mehrerer Häuser in der Kastanienallee registriert, das Haus in der heutigen Kastanienallee 77 datiert laut Landesdenkmalamt von 1852/53.
    Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Berlin, 1850, Teil II, S. 636. zlb.de
    Landesdenkmalamt Berlin: Mietshaus Kastanienallee 77. Eintrag 09065095 in der Berliner Landesdenkmalliste
  31. Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Berlin 1859. Teil II. S. 60. zlb.de
  32. Hotel Pension Kastanienhof Hauptmann: Hotelhistorie. Bei: kastanienhof.berlin.de
  33. Landesarchiv Berlin: Bauakten Kastanienallee. darunter: A Rep. 010-02 Nr. 7143 bis 7170, Nr. 11612 bis 11625 und Nr. 12064 bis 12077.
  34. Landesdenkmalamt Berlin: Denkmaldatenbank, Kastanienallee. berlin.de
  35. Verwaltungs-Bericht des Magistrats zu Berlin pro 1857–58. Berlin 1859. S. 17. zlb.de
  36. Verwaltungs-Bericht des Magistrats zu Berlin pro 1858–59. Berlin 1860. S. 13. zlb.de
  37. Von 1864 bis 1866 Hausnummer 32.
    Allgemeiner Wohnungsanzeiger. Berlin 1860. IV. Teil, S. 298. zlb.de
  38. Bericht der Bau-Deputation betreffend die im Jahre 1863 stattgehabten Communal-Bau-Angelegenheiten. Berlin 24. Januar 1864. S. 9. zlb.de
  39. Verwaltungs-Bericht des Magistrats zu Berlin Etatsjahr 1913: No. 33. Bericht der Städtischen Hochbaudeputation. Berlin 1915. S. 2. zlb.de
  40. Thomas Loy: Die Leere nach der Lehre. In: Tagesspiegel. Berlin 17. März 2005. tagesspiegel.de
  41. Börsenverein der Deutschen Buchhändler: Offizielles Adressbuch des Deutschen Buchhandels. Leipzig, 1900. 1. Abteilung. S. 328.
  42. Kathi Seefeld: Luxuswohnen in ehemaligem Obdachlosenheim. In: Die Tageszeitung vom 9. Februar 1998. Bei: taz.de
  43. Bundesarchiv: Max Skladanowsky, 1892. Objektliste. bundesarchiv.de
  44. Bezirksamt Pankow von Berlin: Skladanowsky. Verzeichnis der Kunstwerke im öffentlichen Raum. Bei: kunst-im-oeffentlichen-raum-pankow.de
  45. Center for Jewish History: Kurt Rosenfeld Collection. Folder: Kastanienallee 79, undated, 1934-2013 Bei: cjh.org
  46. DOCK 11 gGmbH: Profil und Team. Bei: dock11-berlin.de
  47. Adressbuch für Berlin und seine Vororte. Verlag August Scherl, Berlin 1899. zlb.de
  48. Berliner Adreßbuch. Verlag August Scherl, Berlin 1905. zlb.de
  49. Björn Berghausen: Süßes für Millionen – Cyliax-Schokolade. Berlin-Brandenburgisches Wirtschaftsarchiv e.V. archivspiegel.de
  50. Rüdiger Kurth: VEB Robotron-Vertrieb Berlin. Bei: robotrontechnik.de
  51. Natulis Group: Gustav Cyliax Lofts. Bei: natulis.de
  52. Evangelischer Kirchenkreis Berlin Stadtmitte: Getauft und deportiert. Bei: kkbs.de
  53. Evangelischer Kirchenkreis Berlin Stadtmitte: Historie der Messiaskapelle. Bei: kkbs.de
  54. Mietshaus Kastanienallee 22: Eintrag 09065075 in der Berliner Landesdenkmalliste
  55. Stiftung Topographie des Terrors, Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit. Eintrag Lagerdatenbank: Kastanienallee o. Nr. (Mitte). Bei: ns-zwangsarbeit.de
  56. The United States Holocaust Memorial Museum: Encyclopedia of Camps and Ghettos, 1933-1945. Volume I: Early Camps, Youth Camps, and Concentration Camps and Subcamps under the SS-Business Administration Main Office (WVHA). Indiana University Press 2009. ISBN 978-0-253-35328-3 (Kapitel: Sachsenhausen Subcamp System. S. 1270. jhu.edu)
  57. Stiftung Topographie des Terrors, Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit. Einträge in der Lagerdatenbank. Bei: ns-zwangsarbeit.de
  58. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen: Geoportal Berlin, Karte: Gebäudeschäden 1945. stadt-berlin.de
  59. Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin: Kastanienallee Prenzlauer Berg. Bei: stolpersteine-berlin.de
  60. Das Bundesarchiv: Berlin, Zirkus Baruk. 13. September 1951. bundesarchiv.de
  61. Das Bundesarchiv: Berlin, Schwedter Straße, Grundsteinlegung für Wohnungsbau. 28. März 1955. bundesarchiv.de
  62. Berliner Adressbuch für das Jahr 1880: Kastanienallee 86: Rohbau. S. 163. zlb.de
  63. Lösungen im Stadtteil GmbH: Bauliche Selbsthilfe – Kastanienallee 77. Bei: list-gmbh.de
  64. Gereon Asmuth: The making of… K77. In: Die Tageszeitung. Berlin 21. Juni 2002. Bei: taz.de
  65. Kathi Seefeld: Statt Räumung wurde aufgeräumt. In: Die Tageszeitung. Berlin 12. November 1994. Bei: taz.de
  66. Kathi Seefeld: Luxuswohnen in ehemaligem Obdachlosenheim. In: Die Tageszeitung. Berlin 9. Februar 1998. Bei: taz.de
  67. Kirsten Küppers: Zwischen Straße und Zuhause. In: Die Tageszeitung. Berlin 6. Juli 1998. Bei: taz.de
  68. a b Bezirksamt Pankow von Berlin: Porträt der Bezirksregion XV – Prenzlauer Berg Südwest Berlin 2017. berlin.de (PDF, 74kB)
  69. Tip Berlin (Stadtmagazin): „Castingallee.“ 5. November 2021. tip-berlin.de
  70. Gereon Asmuth: Bürgersteigaufstand in der Castingallee. In: Die Tageszeitung. Berlin 16. Dezember 2010. taz.de
  71. Karla Sachse, Bezirksamt Pankow von Berlin: Aufbruch im Herbst 1989, Erinnern 2019. (Kastanienallee 11 – Harald Hauswald) Bei: aufbruch-herbst89.de
  72. Nina Apin: Dr. Motte zum Loveparade-Jubiläum: „Wir wollten diese Beglückung“. In: taz. 28. Juni 2014 (taz.de [abgerufen am 5. Oktober 2018]).
  73. Christiane Abelein: Das Leben ist hart genug. In: Prenzlauer Berg Nachrichten, Berlin 12. März 2014. prenzlauer-berg-nachrichten.de
  74. Kathrin Kruse: Trash is over. In: Die Tageszeitung. 30. Dezember 2003. Bei: taz.de
  75. Kauperts: Alphabetisches Straßenverzeichnis. kauperts.de

Koordinaten: 52° 32′ 18,8″ N, 13° 24′ 35″ O