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Wasserkraftwerke nutzen die potentielle Energie eines Stausees. Je größer die gespeicherte Wassermenge und je größer der Höhenunterschied der Staustufe, desto mehr elektrische Energie kann das Kraftwerk liefern.

Die potenzielle Energie (auch potentielle Energie oder Lageenergie genannt) beschreibt die Energie eines Körpers in einem physikalischen System, die durch seine Lage in einem Kraftfeld oder durch seine aktuelle (mechanische) Konfiguration[Anm. 1] bestimmt wird.

Beispielsweise ist in einem Schwerefeld die „potentielle Energie“ jene Energie, die ein Körper durch seine Höhenlage hat: Wenn ein Stein aus 20 Meter Höhe herabfällt, hat er doppelt so viel Arbeitsfähigkeit wie bei 10 Metern Fallhöhe. Während des Falls wird die potentielle Energie in kinetische Energie oder andere Energieformen umgewandelt und verringert sich. Die Ausdrücke „potentielle Energie“ und „kinetische Energie“ für diese verschiedenen Energieformen prägte 1859 der schottische Ingenieur William J. M. Rankine.[1] In Wasserkraftwerken kann man potentielle Energie des Wassers eines Stausees in elektrische Energie umwandeln.

Ebenso wie andere Formen der Energie ist die potentielle Energie eine Zustandsgröße eines physikalischen Systems. In einem abgeschlossenen System kann die potentielle Energie bei Zustandsänderungen zwar zu- oder abnehmen, etwa bei Verschiebung des Körpers, bei seiner Höhenänderung oder bei Anregung eines Atoms durch Strahlung. Dann nimmt aber stets eine andere Energieform (z. B. kinetische Energie, elektrische Feldenergie) im selben Maß ab oder zu. Diese Erfahrungstatsache wird durch den Energieerhaltungssatz ausgedrückt.

Die SI-Einheit der potentiellen Energie ist das Joule (Einheitenzeichen J). Als Formelzeichen für die potentielle Energie wird Epot oder U verwendet, in der theoretischen Physik ist V verbreitet. Oft wird auch ungenau vom Potential gesprochen, wenn die potentielle Energie gemeint ist.

Potentielle Energie im Gravitationsfeld

Einführung

Zur Einführung betrachten wir einen Radfahrer, der eine ebene Strecke befährt, dann einen Berg hoch und als letztes hinunter fährt. Die Betrachtung soll zunächst ohne Reibungskräfte erfolgen.

Auf ebener Strecke fährt der Radfahrer mit einer bestimmten Geschwindigkeit, was einer bestimmten kinetischen Energie entspricht. Fährt er den Berg hinauf, so muss er mehr Energie aufwenden, um die Geschwindigkeit (und damit kinetische Energie) aufrechtzuerhalten. Aufgrund der Energieerhaltung kann aber keine Energie verloren gehen und die Energie, die der Radfahrer beim Anstieg mehr aufwendet, muss irgendwo hin fließen: Die mehr aufgewendete Energie wird in potentielle Energie umgewandelt. Je höher er steigt, desto mehr potentielle Energie besitzt der Radfahrer. Beim Abstieg muss der Radfahrer dagegen bremsen, um seine Geschwindigkeit zu halten und damit seine kinetische Energie konstant zu halten. Bremst er nicht, so wird er schneller und besitzt immer mehr kinetische Energie. Der Zuwachs seiner kinetischen Energie kann aber aufgrund der Energieerhaltung nicht ohne Verlust einer anderen Energieform einhergehen. Der Zuwachs der kinetischen Energie ist gleich dem Verlust an potentieller Energie.

Radfahrer im Detail mit Reibung

Darstellung der Kräfte auf den Radfahrer. Eingezeichnet sind die Gewichtskraft FG, die sich in die Hangabtriebskraft FGH und Normalkraft FGN zerlegen lässt, sowie die Reibungskraft FR

Der Radfahrer erreicht auf ebener Strecke ohne viel Mühe 20 km/h, da er nur gegen den Luftwiderstand und die Rollreibung antreten muss. Kommt er nun an einen ansteigenden Streckenabschnitt, muss er sich bei gleicher Geschwindigkeit stärker anstrengen als zuvor. Nach Erreichen der Kuppe geht es bergab und der Radfahrer rollt ohne Tretbewegungen weiter, muss sogar bremsen, damit er nicht zu schnell wird.

Auf den Fahrer samt Rad wirken zwei Kräfte: die Reibungskraft und die Gewichtskraft. Im ersten Streckenabschnitt zeigt die Gewichtskraft senkrecht zur Straße und weist somit nach Anwendung der Kräftezerlegung keine Kraftkomponente in Bewegungsrichtung auf. Kommt nun ein Anstieg, ergibt die Zerlegung der Gewichtskraft eine Kraftkomponente entgegen der Bewegungsrichtung. Nach Überschreiten der Kuppe hat die Schwerkraft eine Komponente in Bewegungsrichtung und entgegen der Reibungskraft.

Für eine Bewegung entgegen der Gewichtskraft muss am Körper Arbeit aufgewendet werden, die nun als potentielle Energie in ihm gespeichert ist. Bei einer Bewegung, die eine Komponente in Richtung der Gewichtskraft enthält, leistet der Körper Arbeit und seine potentielle Energie nimmt ab. Die Wegkomponente in Richtung Gewichtskraft heißt Höhe und zusammen mit der Kraft ergibt sich:

Allgemeinere Beschreibung

Im Allgemeinen ist die Gravitationsfeldstärke und damit die Gewichtskraft ortsabhängig. Damit gilt:

Das negative Vorzeichen ergibt sich dadurch, dass man etwas entgegen der wirkenden Kraft bewegen muss, um die potentielle Energie zu erhöhen. beschreibt dabei den Bezugspunkt, an dem die potentielle Energie eines Teilchens verschwinden soll. Er ersetzt die ansonsten bei der Integration auftretende Integrationskonstante. Meist wählt man hierfür die Erdoberfläche (siehe erstes Beispiel) oder das Unendliche (siehe zweites Beispiel). Die obere Integralgrenze entspricht der Position des betrachteten Teilchens, nicht zu verwechseln mit der Integrationsvariablen .

Beispiel: Potentielle Energie auf der Erdoberfläche

Setzt man konstant (was auf der Erdoberfläche für kleine Höhenunterschiede näherungsweise gilt), so ergibt sich wieder die im vorigen Abschnitt beschriebene Gleichung:

Beispiel: Potentielle Energie auf einer Planetenoberfläche

Potentielle Energie Wpot und Gravitationspotential V im Umfeld einer Zentralmasse

Betrachtet man ein System aus einem Planeten und einem Probeteilchen fernab der Planetenoberfläche, reicht obige Näherung nicht mehr aus; die lokale Gravitationsfeldstärke variiert mit dem Abstand vom Massenmittelpunkt des Planeten. Eine genauere Beschreibung ist mithilfe des Newtonschen Gravitationsgesetzes möglich,

.

Bei dieser Art der Betrachtung wählt man häufig den Bezugspunkt im unendlich fernen, d. h. . Durch diese Wahl kann die potentielle Energie nur negative Werte annehmen. Die potentielle Energie des Teilchens auf der Planetenoberfläche entspricht dann der Arbeit, die verrichtet werden muss, um dieses Teilchen ins Unendliche zu transportieren, es also aus dem Gravitationsfeld zu entfernen. Auf der Planetenoberfläche ist die potentielle Energie des Teilchens minimal, im Unendlichen maximal. Mit der Vereinbarung, dass der Ursprung im Planetenmittelpunkt liegt, der Planet einen Radius hat und , erhält man

als potentielle Energie des Probeteilchens auf der Planetenoberfläche. Im letzten Schritt wurde die neue planetenabhängige Konstante

definiert. Hierbei ist die Masse des Planeten, die Masse des Probeteilchens und die Gravitationskonstante.

Potentielle Energie einer gespannten Feder

Aus der Federkraft

ergibt sich für die potentielle Energie

.

Hierbei ist

Potentielle Energie und der Energieerhaltungssatz

In einem abgeschlossenen System ohne Energieaustausch mit der Umgebung und unter Vernachlässigung jedweder Reibung gilt zu jedem Zeitpunkt der Energieerhaltungssatz der klassischen Mechanik:

In Worten: Die Summe aus potentieller und kinetischer Energie, einschließlich der Rotationsenergie, ist konstant und entspricht der Gesamtenergie des mechanischen Systems.

Im Hamilton-Formalismus wird diese Gleichung als

geschrieben, wobei die Hamiltonfunktion und die Lagrangefunktion ist.

Formale Definition

Potential- und Gradientenfelder in der Physik;
skalare Felder (Potentialfelder):
VGGravitationspotential
Epot – potentielle Energie
VCCoulomb-Potential
Vektorfelder (Gradientenfelder):
gGravitationsbeschleunigung
FKraft
Eelektrische Feldstärke
Elektrisches Feld: Äquipotentiallinien (rot) und Feldlinien (schwarz) für zwei punktförmig konzentrierte Ladungen

Da ein konservatives Kraftfeld die Kraft auf einen Probekörper an einem beliebigen Ort definiert und mathematisch ein Gradientenfeld ist, existiert ein zum Kraftfeld äquivalentes skalares Feld . Dies ist die potentielle Energie für den jeweiligen Ort. Aus der Umkehrung des Arbeitsintegrals folgt, dass ein Energieanstieg entlang eines Weges eine Kraftkomponente in entgegengesetzter Richtung des Weges voraussetzt. Durch Zerlegung des Kraftfeldes in kartesische Komponenten ergeben sich in Abhängigkeit vom Ort folgende partielle Ableitungen:

Allgemein lässt sich dies durch den Nabla-Operator ausdrücken.

Die Umkehrung der Ableitung führt zum Integral und ermittelt die Änderung der potentiellen Energie im Kraftfeld als Arbeitsintegrals mit negativem Vorzeichen. Hieran zeigt sich auch nachvollziehbar die Übertragbarkeit auf verschiedene Kraftfelder.

Um die potentielle Energie eines Körpers zu vergrößern, muss Feldarbeit gegen die Kräfte eines konservativen Kraftfeldes verrichtet werden. So besitzt jeder massebehaftete Körper in einem Gravitationsfeld potentielle Energie. Diese kann jedoch nur erhöht oder vermindert werden, wenn der Körper gegen oder in Richtung der Gravitationskraft verschoben wird. Bei einer Verschiebung senkrecht zu den Feldlinien behält der Körper seine potentielle Energie bei. Ein solcher Bereich nennt sich Äquipotentialfläche oder -linie und entspricht einer Höhenlinie auf der Landkarte. Die Feldlinie dagegen beschreibt die Richtung der Steigung.

Wegunabhängigkeit der Verschiebungsarbeit im konservativen Kraftfeld

Sofern keine Reibungsverluste oder sonstige Wechselwirkungen mit der Umgebung auftreten gilt für eine Verschiebung in konservativen Kraftfeldern das Prinzip der Wegunabhängigkeit. Das bedeutet unabhängig vom eingeschlagenen Weg muss gleich viel Feldarbeit verrichtet werden damit ein Körper vom Ausgangspunkt zum Zielpunkt gelangt. Hierin spielt sich der Energieerhaltungssatz wieder, da die Arbeit der Energieänderung entspricht.

Die Wahl des Bezugsniveaus kann beliebig erfolgen, jedoch reduzieren pragmatischen Gründe die Auswahl. Im Zweifelsfall immer als Nullniveau geeignet ist der Ausgangspunkt des untersuchten Körpers. Beim Gravitationsfeld bildet häufig die Erdoberfläche den Bezugspunkt oder allgemein der niedrigste Punkt der Umgebung. Darüber hinaus kann der Bezugspunkt an einen unendlich weit entfernten Ort verlegt werden (). Die Umkehrung davon bildet die maximale potentielle Energie, bei der ein Körper von seinem Ausgangspunkt aus dem Kraftfeld heraus bewegt wird, wobei ein zentrales Kraftfeld angenommen sei.

Bei elektrischen Ladungen gleichen Vorzeichens führt dies zur minimalen potentiellen Energie.

Beispiel: Potentielle Energie im elektrischen Feld

Die Kraft auf eine Ladung in einem gegebenen elektrischen Feld errechnet sich aus:

Durch Einsetzen in das Arbeitsintegral zeigt sich die Beziehung zwischen der potentiellen Energie einer Ladung und dem Coulombpotential, das ebenfalls ein Skalarfeld darstellt. Beide Felder unterscheidet nur der Proportionalitätsfaktor Ladung:

ist dabei das sogenannte Coulombpotential.

Zusammenhang zwischen potentieller Energie und Potential

Der Begriff der potentiellen Energie hängt eng mit dem Begriff des Potentials zusammen, welches eine äquivalente Darstellung eines konservativen Kraftfeldes darstellt. Die potentielle Energie eines physikalischen Systems ist das Produkt aus Kopplungskonstante des Teilchens bezüglich des Kraftfeldes , dem es ausgesetzt ist (z. B. Masse im Falle des Gravitationsfeld, Ladung im Falle des Elektrischen Felds), und dem Potential des Kraftfeldes:

Das Potential hängt über die Definition

mit dem Kraftfeld zusammen. Aufgrund dieser Definition ist die potentielle Energie nur für Teilchen in konservativen Kraftfeldern definiert und der Nullpunkt der Energieskala beliebig festlegbar.[2][3]

Beispiel Gravitationsfeld

Die Kraft auf einen Probekörper der Masse in einem gegebenen Gravitationsfeld errechnet sich aus:

Durch Einsetzen in das Arbeitsintegral zeigt sich nun die Beziehung zwischen der potentiellen Energie einer Masse und dem Gravitationspotential , das ebenfalls ein Skalarfeld darstellt.

Anschaulich beschreibt der Faktor die Abhängigkeit von dem Probekörper und das Potential die Feldeigenschaft.[4]

Literatur

  • Wolfgang Nolting: Klassische Mechanik. In: Grundkurs Theoretische Physik. Bd. 1, 8. Auflage. Springer, Berlin 2008, ISBN 978-3-540-34832-0.
  • Richard P. Feynman: Feynman-Vorlesungen über Physik. Mechanik, Strahlung, Wärme 5., verbesserte Auflage, definitive Edition. Oldenbourg, München / Wien 2007, ISBN 978-3-486-58444-8 (= The Feynman Lectures on Physics, Band 1).
  • Paul A. Tipler: Physik. 3. korrigierter Nachdruck der 1. Auflage. 1994, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg / Berlin 2000, ISBN 3-86025-122-8.
  • Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer: Mechanik – Akustik – Wärme. In: Lehrbuch der Experimentalphysik. Bd. 1, 12. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-019311-4.
  • Rainer Müller: Klassische Mechanik: Vom Weitsprung zum Marsflug. De Gruyter, 2015, ISBN 978-3-11-044530-5 (google.de).
  • Dieter Meschede: Gerthsen Physik. Springer-Verlag, 2015, ISBN 978-3-662-45977-5 (google.de).

Anmerkungen

  1. z. B. die Konfiguration einer Feder: Eine „gespannte“ Feder hat mehr potentielle Energie als eine „entspannte“ Feder.

Einzelnachweise

  1. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 40.
  2. Alonso, Finn: Physics, Addison-Wesley (1992), ISBN 0-201-56518-8, S. 169.
  3. Demtröder: Experimentalphysik 1, Springer (2008), ISBN 978-3-540-79294-9, S. 63.
  4. Gerthsen: Physik (21. Auflage); S. 49